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Paläobotanische Sammlung

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Geschichte

Die paläobotanische Sammlung Rossmann Bayreuth

Wir wissen nicht, wie sich G. Rossmann, der sich für alles Naturwissenschaftliche interessierte, seinen Lebensabend vorgestellt hatte. Jedenfalls anders, als es dann kam. Erdarbeiten auf dem Gelände des ÖBG förderten schon frühzeitig immer wieder Gesteinsbrocken unterschiedlicher Größe zutage. Bald erkannte Rossmann holzähnliche Feinstrukturen in vielen dieser Gesteine und schlussfolgerte, dass es sich um versteinerte Hölzer handeln müsse. Sein Interesse an der Paläobotanik war erwacht. Er studierte die einschlägige Literatur, säuberte alle Fundstücke eigenhändig mit Zahnbürste und Schraubenzieher und vermehrte seine Sammlung von Woche zu Woche. Anfangs nur auf dem Gelände des ÖBG, später auf dem gesamten Universitäts-Campus, wo noch immer Erdarbeiten bis in größere Tiefen durchgeführt wurden und schließlich in ganz Oberfranken und der Oberpfalz. Er besuchte regelmäßig Mineral- und Fossilienbörsen und kam nie mit leeren Händen nach Hause. So vergrößerte sich seine Sammlung pflanzlicher Fossilien vor allem aus der Keuperzeit aber auch aus dem Rhäto-Lias ständig und als noch große Teile von verkieselten Baumstämmen hinzukamen, war in den Diensträumen des ÖBG kein Platz mehr. Da auch das Ende seiner aktiven Dienstzeit näher rückte und für Rossmann klar wurde, dass das Bayreuther Urweltmuseum, das nicht in erster Linie Forschung betrieb, nicht der richtige Ort für seine Sammlung sein konnte, rief er unter Einsatz erheblicher privater Mittel aber auch mit Hilfe von Co-Sponsoren eine gemeinnütze Stiftung (die Stiftung paläobotanische Sammlung Rossmann Bayreuth) ins Leben. Die Überzeugungskraft der vorauseilenden Eigenleistung nutzend, konnte er sein drängendstes Problem, den Platzmangel dadurch lösen, dass er Wissenschaftsministerium und Hochschulleitung dafür gewann, für die Sammlung ein Stiftungsgebäude auf dem Campus zu errichten. Da sich dieses erwartungsgemäß bald als zu klein erwies, vergrößerte es Rossmann durch einen Anbau aus eigenen Mitteln. Er ergänzte die Sammlung nicht nur durch weitere Fundstücke, Zukäufe, Schenkungen, sondern richtete auch eine Bibliothek und ein Labor ein. Alles war bereit für die wissenschaftliche Arbeit in seiner Sammlung, nur das Personal fehlte. So versuchte sich Rossmann selbst als Paläobotaniker, zusammen mit seiner technischen Assistentin B. Hübner an der Herkulesaufgabe, die Sammlung zu mehren und zu ordnen, sie für ein interessiertes Publikum zugängig zu machen, ihre Geschichte aufzuschreiben (er schrieb auch an einer Geschichte des ÖBG) und wissenschaftlich an den Exponaten zu arbeiten. Bis spät nach Mitternacht konnte man ihn in seiner Sammlung antreffen und in den letzten Jahren lebte er dort sogar ganz, ohne nachts nach Hause zu fahren. Mit der Zeit wurde es jedoch zu viel für einen Mann seines Alters, zumal er, durch wenig gesundheitsbewusste Ernährungsweise hervorgerufen, der Zuckerkrankheit Tribut zollen musste. Ein unglücklicher Sturz mit einer nicht-, bzw. zu spät erkannten Gehirnblutung warf ihn aus der Bahn. Chirurgische Eingriffe, Reha-Aufenthalte, ein Zimmer in einem Pflegeheim nahe des Uni-Campus, Rossmann gab nicht auf. Allerdings wurden seine Besuche in der Sammlung immer spärlicher, schließlich brachten wir ihm Stücke aus seiner Sammlung an sein Bett, die er immer noch identifizieren und einem bestimmten Fundort zuordnen konnte. Als seine Kräfte zusehends schwanden, verlegte man ihn in ein Pflegeheim in seiner Vaterstadt Augsburg, wo er regelmäßig Besuch von seinen Verwandten bekam. Ein Höhepunkt in dieser Zeit war die Feier seines 80. Geburtstags im März 2010, zu der er im Sanitätswagen nach Bayreuth kam und im Rollstuhl sitzend die Glückwünsche der Gratulanten entgegen nahm. Dabei wurde auch eine Ehrentafel im Eingangsbereich von ÖBG und paläobotanischer Sammlung enthüllt. Günther Rossmann hing bis zuletzt am Leben. Auch wenn seine Kräfte nach einer Stunde Besuchszeit erschöpft waren, hatte er immer noch Pläne für seine Sammlung. Man solle ja nichts verändern, damit er sich wieder zurecht fände, wenn er wieder gesund sei. Als ich ihm, wenige Tage vor seinem Tod Lebewohl sagte, ging es zum ersten Mal wie ein Schatten über sein eingefallenes Gesicht. Vermutlich hatte auch er akzeptiert, dass es ein Abschied für immer war.

Zum Zeitpunkt seines Todes, am 6. November 2011 war die mehrfach begutachtete, wissenschaftlich außerordentlich wertvolle paläobotanische Sammlung Rossmann in einem technisch desolaten Zustand. Und es waren kaum Mittel vorhanden, um die technische Assistentin zu bezahlen. Undichtigkeiten im Dach des Gebäudes, eine defekte Innenschattierung setzten den großen Exponaten zu, im Bestreben, nichts zu verändern war auch die Magazinisierung kaum voran gegangen, allerdings waren die handschriftlichen Aufzeichnungen Rossmanns über die Fundorte und seine Vermutungen über die fossilen Pflanzenarten nun getippt und elektronisch zugänglich. Eine schier unermessliche Zahl von Diapositiven musste versorgt werden. Dieses und vieles mehr wurde in Angriff genommen und konnte wenigstens teilweise gelöst werden. Die Sammlung wurde dem Lehrstuhl für Geomorphologie angegliedert, der auch eine Wissenschaftlerstelle zur Verfügung stellen konnte, das Material ist magaziniert, die Diapositive soweit sie für die Sammlung bedeutend sind, gescannt und elektronisch zugänglich gemacht, die Gebäudeschäden wurden behoben und die technische Kraft kann wenigstens für einige Zeit weiter vergütet werden. Studenten absolvieren nun in der Sammlung ihre Praktika, Leben ist eingekehrt. Vieles ist noch zu tun, aber Rossmanns zweites großes Werk für die Universität und die Stadt Bayreuth dürfte nun „über den Berg“ sein.

(Aus: Beck, E. (2015): Die paläobotanische Sammlung Rossmann Bayreuth (1996 - ). In: Naturwissenschaftliche Gesellschaft Bayreuth e.V. (Hrsg.): Berichte der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Bayreuth. Band XXVII. Bericht 2015. S. 544-546. Leo Druck und Medien, Bayreuth.)

Verantwortlich für die Redaktion: Klaus-Martin Moldenhauer

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